Wenn man in Siebenbürgen unterwegs ist, so heißt es, kommt man um Kronstadt nicht herum. Also haben wir uns gedacht, für einen Bummel durch Kronstadt ist immer Zeit.
Kronstadt wurde von den Rittern des Deutschen Ordens im frühen 13. Jahrh. mit dem Namen Corona 😷 gegründet. Im Mittelalter entwickelte sich die Stadt zum Zentrum der „Siebenbürger Sachsen“ und wurde zum wirtschaftlichen, kulturellen und religiösen Zentrum der Region. Auch heute ist die Stadt mit ihren knapp 250.000 Einwohnern die wirtschaftlich stärkste Stadt Siebenbürgens.
Highlight der Altstadt ist der Rathausplatz, auf dem bereits im Mittelalter Waren aus allen Regionen Rumäniens gehandelt wurden. Der Wohlstand aus damaliger Zeit ist heute noch unübersehbar.
Beherrschendes Gebäude am Ratsplatz ist das Rathaus mit seinem auffälligen barockem Pyramidendach. Nicht weit entfernt findet sich die Schwarze Kirche (Biserica Neagra), die eigentlich „Kirche der Heiligen Maria” heißt. Sie zählt zu den bedeutenden Baudenkmälern Rumäniens und Südosteuropas.
Ihren Namen erhielt sie nach einem verheerenden Stadtbrand im Jahr 1689, bei dem die Aussenfassade einrußte. Die Kirche spielte eine bedeutende Rolle in der Reformationszeit. Die Kronstädter waren den Lutherischen Gedanken gegenüber aufgeschlossen und hielten 1542 zum ersten Mal nach evangelischen Ritus ab. Eine besondere Rolle kam dem Reformator, Humanisten und Universalgelehrten Johannes Honterus zu. Er verfasste Schriften zu Grundlagen der evangelischen Kirche in deutscher Sprache, erneuerte das Schulwesen, gründete eine Druckerei und schaffte ein Sozialwesen für die Kranke und Hilfsbedürftige. Das von ihm 1543 gegründete Gymnasium gibt es noch heute als deutschsprachiges Honterusgymnasium. So wunderst nicht, das es an der Kirche ein mächtiges Standbild von dem guten Johannes gibt.
Wir schlenderten durch die vielen Gassen und Strässchen um den Markplatz herum. Überall gibt’s Geschäfte, Cafés und Restaurants. Bei vielen Häusern geht es durch eine Toreinfahrt noch in Innenhöfe oder weiteren Häusern. Der Zahn der Zeit nagt an vielen dieser imposanten Gebäude, aber trotzdem strahlen sie eine Schönheit aus und zeugen von Zeiten mit Reichtum und Wohlstand. Die heutige Stadt hat sich in Richtung Nordosten entwickelt. Dort finden sich die modernen Geschäfts- und Wohnbereiche. Die Altstadt grossflächig zu restaurieren würde Unsummen verschlingen, aber es finden sich überall Ansätze und einige alte Gebäude erstrahlen wieder im alten Glanz.
Auf der Suche nach einem Frühstück landeten wir in einem Hinterhof in einem kleinen Bistro, welches auch leichtere Kost anbot und nicht nur saftige Schweineplatte oder schwer geräucherte Würste mit Speck.
Danach steuerten wir einige Sehenswürdigkeiten an. Ein „Geheimtipp“ ist die Strada Sforii, die mit einer max. Breite von 135 cm bei einer Länge von 80 Metern für sich in Anspruch nimmt, die schmalste Strasse Europas zu sein 🤔.
Als nächstes ging es zum 1559 erbauten Katharinentor, einem markanten Torturm der alten Stadtbefestigung. Mit etwas Anstieg ging es weiter zum Schwarzen Turm und anschließend zum Weißen Turm. Beide Türme gehörten zu den Befestigungsanlagen der Stadt. Von beiden Türmen bot sich ein wunderschöner Ausblick auf die Altstadt. Warum Schwarzer Turm – genau, beim großen Brand von 1689 wurde er angekokelt. Und der Weiße Turm verdankt seinen Namen den hellen Steinen, aus denen er wieder aufgebaut wurde, nachdem er beim großen Brand einfach abgebrannt ist. Heute ist in dem Turm ein Museum.
Es ging wieder zurück zum Marktplatz. Dort steht eingerahmt von einem KFC-Lokal und dem polnischen Konsulat die Kirche „Marie Himmelfahrt“ (Adormirea Maicii Domnului), eine orthodoxe Kirche, die im byzantinischen Stil von 1895 bis 1899 erbaut wurde. Ich finde, die orthodoxen Kirchen erschlagen den Besucher immer mit überbordenden Glitzer, Goldglanz und düsteren Bildern.
Danach war erstmal Eispause angesagt, bevor wir uns der „Schwarzen Kirche“ widmeten.
In der Kirche wird auch heute noch der sonntäglichen Gottesdienst auf Deutsch gehalten. Auch finden sich viele alte Inschriften in Deutsch. Schön war für uns, dass die Erklärtafeln auch in Deutsch gehalten waren. Auffällig ist eine Sammlung von über 110 orientalischen Teppichen aus dem 15. und 16. Jahrh., die von den Kronstädter Kaufleuten zusammengetragen wurden. Und immer wieder wurde hervorgehoben, welch wichtige Rolle diese Kirche für die Verbreitung der Reformation in Siebenbürgen hatte.
Mittlerweile war unser Kopf voll und wir machten uns auf den Weg zu unserem CP. Die etwas drückenden und dunklen Wolken verzogen sich rechtzeitig, so dass wir den Abend bei schönster Sonne genießen konnten.
Kronstadt bzw. Brasov ist eine eindrucksvolle Stadt, die immer einen Besuch wert ist, wenn man sich hier in der Gegend rumtreibt. Mein Eindruck ist, die Stadt ist noch ein ungeschliffener Juwel, aber vielleicht in einigen Jahren könnte es ein Muß auf jeder Balkanreise sein.