Guédelon – das Burgprojekt

Mitte der 1990er-Jahre fand sich eine kleine Gruppe von Enthusiasten und formulierten die Idee, eine Burg aus dem Mittelalter, mit den technischen Möglichkeiten dieser Zeit aufzubauen. Damit war das Guédelon-Projekt geboren und wurde zu einer Baustelle der experimentellen Archäologie. Mit dem Unternehmen wurde Maryline Martin betraut, die bis heute das Guédelon-Projekt organisiert. 

Natürlich galt vorher jede Menge Fragen zu klären: Finanzen, Verwaltung, Politik und Wissenschaft.

Für die Findung eines geeigneten Ortes waren bestimmte Voraussetzungen erforderlich. Es musste ein Steinbruch in der Nähe sein, ein Wald (am besten mit Eichenbestand) und ein entsprechend großes Areal. Die Wahl fiel auf den Wald von Guédelon, etwa 150 km südlich von Paris. 

Nachdem diese erste Phase abgeschlossen war, konnte 1997 mit dem Bau der Burg begonnen werden. 

Grundriss der Burg
Grundriss der Burg

Für die Hintergrundgeschichte haben sich die Macher von Guédelon einen fiktiven Herzog Guibert im 13. Jahrh. gewählt. Er ist durch Heirat zu Ländereien und Einfluss gekommen und das Recht erworben eine Burg zu bauen. Mit dem Bau der Burg beginnt er im Jahre 1228.

Als architektonische Grundlage für den Bau der Burg nehmen die Guédelon-Erbauer einen Standardplan, wie er im 13. Jahrh. viel genutzt wird: polygonalen Grundriss, an jeder Ecke einen Turm, viele Schießscharten, gesichertes Tor und das Herrscherhaus für den Lehnsherren und seiner Familie.

Soweit ein paar Daten um dieses Burg-Projekt. Wie sieht es nun heute vor Ort aus?

Naja, wie auf einer Baustelle. Um die Burg herum finden sich die ganzen Werkstätten der verschiedenen Handwerker, mit dem Ziel, die Transportwege kurz zu halten. Alles wird mit den Werkzeugen, den Mitteln und dem Wissen der damaligen Zeit gebaut. Die Herausforderung war insbesondere das Wissen aufzubauen. Die Fähigkeit des Steinmetzes, einen Stein zu „lesen“, um die optimale Bruchkante zu finden, läßt sich nur über Erfahrung aufbauen. 

Den meisten Gewerken konnte man bei der Arbeit zusehen. In den Werkstätten hingen auch die unterschiedlichsten Werkzeuge, so dass man sich ein gutes Bild von der Arbeit machen konnte. Auch wie lange z.B. ein Steinmetz für einen glatt gehauenen Mauerstein braucht, läßt einen die Leistung der Menschen im Mittelalter erahnen. Welche Gewerke an der Burg arbeiten ist auf der Skizze gut zu sehen.

Nachdem wir uns alle Handwerker und deren Arbeitsweisen angeschaut haben, flohen wir erstmal ins Bistro, da es zu regnen anfing. Oh, wie mir der französische Sprühregen auf die Nerven geht 😡.

„Stunden später“ hörte es fast auf, so dass wir uns nun die Burg ansehen konnten. Verloren sich die Besucher noch im weiten Areal der Werkstätten, drängelte es sich jetzt in der Burg. Wenn man viele Burgen gesehen hat, überrascht einen die Burg von innen nun nicht. Interessant sind da schon eher die Hinweise, wie sie bestimmte Herausforderungen gemeistert haben. Wie bewegt man 700 kg schwere und ca. 7 m lange Eichenbalken als Träger für den Versammlungsraum im Herrschaftshaus in eine Höhe von vier Meter? Nein, nicht mit einem Laufradkran. Der schafft nur 500 kg. Die Lösung, man mauert die Balken mit der Wand hoch, Mauerstein für Mauerstein.

Aktuell arbeiten 70 Mitarbeiter für das Projekt, wobei sich 40 direkt mit dem Bau der Burg befassen. Die Handwerker kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen und haben sich die Fertigkeiten „on the job“ angeeignet. Die Fertigstellung war für 2023 geplant, mittlerweile geht man von 2030 aus. Also wer mal in der Gegend ist, der schaue vorbei. Lohnenswert ist es auf jeden Fall.

Wir schwenken morgen in nordöstlicher Richtung auf unseren Heimatvektor und hoffen mal auf wenig Regen. Die Vorhersagen sind da eher mäßig.

3 Kommentare zu “Guédelon – das Burgprojekt

  1. Wir haben auch so was Ähnliches um die Ecke… in Meßkirch….aber einen Kloster-Nachbau….keine Burg…..aber ansonsten recht ähnlich…die Handwerker arbeiten mit altem Werkzeug und die Händler sind drumrum verteilt…
    Es ist ein Riesen-Imbiss dabei…da sind die meisten Besucher…..Speisen sind aber nicht antik….geht wohl auch kaum…sonst käme niemand… oder wie…?

  2. Hai…interessant….das Burgprojekt….hat ziemliche Ähnlichkeit mit einem hier bei uns in der Nähe…. in Meßkirch…ist aber ein Kloster….auch mit alten Handwerken/Techniken und entsprechendem Werkzeug…
    Den größten Zulauf hat ein Riesen-Imbissstand…..kein mittelalterliches Essen….eher Pommes und Burger…aber wen wundert´s

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