Butrint – eine eher unbekannte antike Stadt

Gestern Abend bummelten wir durch den Ort, um zu schauen was Albaner so in der kürzesten Nacht des Jahres so machen. Wie überall in den südlichen Ländern zu sehen, schlenderten ganze Familien auf den Straßen und an der Strandpromenade, wobei Strandpromenade etwas übertrieben ist – meist sind es Schotterwege. 

Alles hatte offen, Restaurants, Bars, Supermärkte, Haushaltsartikelläden (!) und jede Menge Straßenhändler boten ihre Produkte feil. Selbst die kleinste Bar „warb“ mit bunten Lämpchen, auffälligem Design und deftiger Clubmusik um Aufmerksamkeit. Wir blieben in einer Bar am Marktplatz hängen und schauten dem Treiben bei (mehreren) Aperol Spritz 🤪 zu.

Die Geschichte der Stadt geht auf eine Neugründung in den 1960er Jahren zurück, um Wohnraum für die Arbeiter auf den Agrarflächen zu schaffen. Davor war die Halbinsel ein ödes Fleckchen, welches als Weideland genutzt wurde.

Balkonaussicht von Hotelzimmer im Four Islands
Balkonaussicht von Hotelzimmer im Four Islands

Wobei strategisch diese Ecke während des kalten Krieges ihre Bedeutung hatte, da es an der engsten Stelle der Straße von Korfu, keine vier Kilometer breit, liegt.

Ab 2000 entwickelte sich der Ort rasant zu einem Sommerbadeort für die Albaner selbst. Die Folge war eine planlose Bautätigkeit, die nach unserem Eindruck, auch heute noch anhält. Es gibt viel Schotterwege in die Wohngebiete, Bauruinen sind nicht übersehbar und viele Häuser haben „Baureserven“ für weitere Stockwerke. Der Blick von unserem Balkon hat nichts mit einem pittoresken Badeort zu tun, sondern einem chaotischen gewachsenen Ort.

Unserem Hotel bietet einen interessanten Service. Man bestellt das Frühstück aus eine Menüliste per WhatsApp und es wird dann am nächsten Morgen, zu einem vereinbarten Zeitpunkt, aufs Zimmer gebracht. Frühstück auf dem eigenen Balkon, hat auch was 😁.

Die Ruinenstadt Butrint liegt nur wenige Kilometer von Ksamil entfernt auf einer Halbinsel. Sie ist heute eine der berühmtesten Sehenswürdigkeiten Albaniens und ist seit 1992 UNESCO-Weltkulturerbe. Mir war die Anlage völlig unbekannt neben den bekannten antiken Stätten in Griechenland und natürlich in Italien. Nichts desto weniger hat sie ihre eigene und interessante Rolle in der Geschichte gespielt.

Natürlich gibt es auch Gründungsmythen zu dieser Stadt, wie nicht anders zu erwarten ist 😁. Eine besagt, der Sohn des trojanischen Königs Priamos soll auf seiner Flucht aus dem brennenden Troja hier gelandet sein. Eine andere Legende bringt den trojanischen Helden Aeneas ins Spiel, ebenfalls auf der Flucht aus dem brennenden Troja, der hier auch vorbei kam, aber weiter nach Italien in die Region Rom floh und nach römischen Mythos zum Stammvater der Römer wurde.

Ich finde diese Mythen immer wieder spannend, aber es soll für heute reichen 😉.

Wenden wir uns den Fakten zu. Aus archäologischer Sicht zeigen alte Funde aus dem 10. Jahrh. v. Chr. erste Besiedlungen der Halbinsel. Ab dem 6. Jahrh. v. Chr. hatte sich um die Akropolis (Burgberg) eine städtische Struktur entwickelt. Im 4. Jahrh. v. Chr. erreichte die Stadt in ihrer griechischen Zeit ihre Blüte und war eine der größten Städte der Region. Es gab Prachtbauten, deren Reste heute noch existieren, wie das Heiligtum des Asklepios (dem sind wir schon öfter begegnet 😁) oder das Theater. Die Stadt war von einer Mauer umgeben, deren Interessante Bauweise noch heute beeindruckt.

Wie üblich in der Geschichte Südosteuropas kamen auch die Römer ins Spiel. Ab 228 v. Chr. wurde Butrint römisches Protektorat, konnte sich aber eine gewisse Eigenständigkeit bewahren. Selbst Gaius Julius Caesar, der 48 v. Chr. die Stadt besuchte, konnte sich mit seinem Anliegen die Stadt zu einer Veteranenkolonie zu erklären, nicht durchsetzen.

Nach dem Ende des römischen Reiches wurde Butrint ins Byzantinische Reich eingegliedert und erlebte bis zum 10. Jahrh. n. Chr. eine erneute Blütezeit. Auch diese Zeit endete, insbesondere durch die Kriegszüge der Normannen, die im 11./12. Jahrh. vieles auf der Balkaninsel einfach platt machten.

Ab dem 14. Jahrh. kam Butrint unter venezianischen Einfluss, da Venedig die Schiffsroute durch die Straße von Korfu unter ihre Kontrolle bringen wollte. Dazu bauten die Venezianer eine Burganlage und mehrere Wehrtürme auf der Halbinsel, deren Gebäude heute noch stehen. 

Auch der Einfluss Venedigs endete und 1799 wurde Butrint ins Osmanische Reich integriert und blieb es bis zur albanischen Unabhängigkeit 1912.

Lange Geschichte einer eher unbekannten Stadt auf dem Balkan. Bei der Besichtigung der Ruinen finden sich überall Spuren der verschiedenen Epochen. Auch sind die Reste gut instandgesetzt und was uns besonders gefreut hat, waren die klaren Infotafeln an den Gebäuden, ein Information-Flyer (sogar in Deutsch) und die eindeutige Wegführung durch das Gelände. Es war immer klar, wo wir waren und vor welchem Gebäude wir standen. Dass kannten wir aus Griechenland anders, insbesondere in Olympia fiel uns die unklare Informationslage auf dem Gelände negativ auf. Info-Flyer, Infotafeln an den Gebäuden und Lageskizze passten nicht richtig zusammen.

Am Nachmittag ging es für mich noch zum Barber. Da musste mal was ab. Bei den Temperaturen läuft der Schweiß schon im Stehen. Heute war es schwülwarm bei gefühlten Temperaturen von 39 Grad 😅.

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